A2 Kreuz Bielefeld und Stadt Herford, Nordrhein-Westfalen
"Die Leute kennen seit Jahren keinen Winter mehr":
Pausenlos durch die Nacht: Abschleppwagen bei Schnee und Eis im Dauereinsatz - Begleitreportage rund um Bielefeld
Keine Rettungsgasse, nicht angepasste Geschwindigkeit, zuviel PS im Schnee: Abschleppwagen-Fahrer im Dauerstress
Datum: Sonntag, 17. Januar 2021
Ort: A2 Kreuz Bielefeld und Stadt Herford, Nordrhein-Westfalen
(gs) "Die Leute sind einfach keinen Winter mehr gewöhnt". Abschleppwagen-Fahrer Marcel Hagemann und sein Kollege Kilian Nordbrock hatten am Wochenende alle Hände voll zu tun: Schnee und Eis haben vor allem in den Nächten für viele Unfälle gesorgt, wir haben die beiden Abschleppwagenfahrer durch die Winter-Nachtschicht begleitet.
Der erste Einsatz führt Kilian Nordbrock gleich zu einem schweren Unfall auf die A2 am Kreuz Bielefeld. Der 27-Jährige fährt schon seit Jahren Abschleppwagen im Auftrag des ADAC seines Arbeitgebers Würtz. Für Nordbrock war schon zu Beginn seiner Schicht klar, dass es eine heiße Nacht für ihn wird, denn das Wetter ist eisig kalt: "Ich erwarte viele Glätteunfälle," so Nordbrock, "es gab wenig Winter in letzter Zeit, da wird das Wetter jetzt unterschätzt." Insbesondere die überfrierende Nässe sei tückisch: "Schnee sehe ich, Glätte nicht". Nordbrock soll Recht behalten.
Mit großer Mühe kämpft er sich durch den Rückstau einer Vollsperrung zur Unfallstelle auf der A2: "Wenn ich nicht durchkomme, kommen andere auch nicht weiter", so der Abschleppwagen-Fahrer auf der mühsamen Rangierfahrt durch Rettungsgasse und Standstreifen der A2 mit lauter Hupe seines Trucks. "Wenn ich für jeden, der die Rettungsgasse blockiert, einen Euro bekäme, wäre ich Millionär und der Wagen vergoldet", so Nordbrock geradezu resigniert - und beim Begleiten der Anfahrt versteht man warum: Kreuz und quer stehen Laster und Autos, versperren die Durchfahrt - und als Nordbrock mit der Hupe und dem Rundumlicht kommt, bricht verzweifelte Panik aus: "Das ist der Klassiker, es ist ist Stau und keiner weiß, was er tut". Schließlich ist er am Ziel, die A2 ist dicht, drei junge Autofahrer waren im gemieteten Kleinbus unterwegs, plötzlich brach der Wagen aus, die A2 war plötzlich spiegelglatt. Der Wagen landet in der Leitplanke, rammt noch ein weiteres Auto. Ernsthaft verletzt wird keiner - zum Glück. Nordbrock räumt auf, Kleinbus an die Kette, schnell muss die A2 wieder frei. Doch auch ein erfahrener Abschleppunternehmer macht sich seine Gedanken. "Man hofft, dass alle heile raus sind, Blech kann man ersetzen, ein Menschenleben nicht." In diesem Fall hatten alle enomes Glück. Später im Small-Talk mit den Unfallbeteiligten wird dies besonders deutlich: "Der hätte auch tödlich enden können", weiß Kilian Nordbrock. Mit angepasster Geschwindigkeit wäre das nicht passiert...
Zeitgleich startet sein Kollege Marcel Hagemann in seine Schicht, in Herford hat es geschneit und gleich der erste Einsatz zeigt, dass selbst wenige Zentimeter Schnee selbst in Wohnstraßen zuviel sind. Autofahrer Yasin Koheder waren an seinem teuren Mercedes CLS offenbar die Pferde durchgegangen. Ein einer Wohnstraße brach der Wagen aus, rammte gegen Bordstein und geparkten Polo. Reifenplatzer, Felge schrott, ob die Achse verzogen ist, wird ein Gutachter klären müssen. "Wir kennen den Schnee einfach nicht mehr", resümiert Hagemann, als er weitere Unfallwagen zeigt, die er zuvor schon abschleppen durfte, "viele wissen nicht, wie man seinen Wagen bei Schnee unter Kontrolle halten kann".
Und so werden Nordbrock und Hagemann auch an den nächsten Tagen wieder alle Hände voll zu tun haben, um bei Schnee- und Eis Trümmer zu beseitigen.
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