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Dienstag, 2. Juni 2020
Timmendorfer Strand und Neustadt in Holstein, Kreis Ostholstein, Schleswig-Holstein
News-Nr.: 33198

Rettungsverbot auf der Ostsee?
Feuerwehren in Schleswig-Holstein dürfen plötzlich keine Wasserrettung mehr durchführen - Gemeinden offenbar schon länger nicht mehr zuständig, daher kein Versicherungsschutz für Einsatzkräfte - Kompromiss aus dem Innenministerium soll nun Strände wieder sicher machen

Umfangreiche O-Töne mit betroffenen Feuerwehren und Stadtoberhaupt von Neustadt/Holstein - zufällige Anfrage hatte das Problem offenbart, woraufhin die Feuerwehren die Tätigkeit auf dem Wasser einstellen mussten - aktuelle Lösung soll nun wieder alle Organisationen an der Rettung in Küstennähe beteiligen

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Datum: Dienstag, 2. Juni 2020

Ort: Timmendorfer Strand und Neustadt in Holstein, Kreis Ostholstein, Schleswig-Holstein

 

(sg) Zuerst konnten Thomas Scharbau und seine Kameraden es kaum glauben, was sie da zufällig vom Innenministerium erfahren hatten: „Wir schlackerten alle mit den Ohren“, berichtet der Gemeindewehrführer von Timmendorfer Strand immer noch etwas ungläubig, „Das Gerücht gab es schon länger, aber als die Feuerwehr aus Grömitz sich dann erkundigte, kam die Antwort aus Kiel schwarz auf weiß“. Die Feuerwehren dürfen fortan nicht mehr ausrücken, wenn Menschen an ihrem Ostseestrand drohen zu ertrinken!

Ein Schreiben von Mitte Mai aus dem Innenministerium an die Gemeinden, welches NonstopNews vorliegt, besagt ganz deutlich: „Wasserrettungseinsätze gehören nicht zu den gesetzlichen Aufgaben der Feuerwehren, sondern sind freiwillige Aufgaben der Gemeinde“. Solche könne die Gemeinde auf Dritte, wie zum Beispiel ihre Brandschützer, übertragen - aber nur, wenn das betroffene Gebiet auch in ihrer Zuständigkeit sei. Dies sei im Falle der Ostseestrände nicht der Fall.

Die direkte Folge für die Einsatzkräfte daraus benennt Stadtwehrführer Alexander Wengelewski aus Neustadt in Holstein: „Damit haben wir keinen Versicherungsschutz im Einsatz“. Seine Feuerwehr betreibt schon seit Jahren für die Wasserrettung an den beliebten Urlauberstränden seiner Stadt eine eigene Sondereinheit für Einsätze auf dem Wasser. „Jetzt ist für uns an der Hafenausfahrt Schluss“, so der Wehrführer.

Die für die Feuerwehren zuständige Hanseatische Feuerwehrunfallkasse Nord (HFUK), die die Brandbekämpfer in den Nordländern Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern im Auftrag der Gemeinde unfallversichert, ist selbst etwas ratlos. Gegenüber NonstopNews betont Christian Heinz, stellv. Geschäftsführer, am Telefon: „Wir dürfen nur Tätigkeiten versichern, für die es eine gesetzliche Grundlage gibt. Wo grundsätzlich keine Übertragung der Aufgabe zulässig ist, dürfen wir auch den Kameradinnen und Kameraden keinen Versicherungsschutz gewähren“. Der Versicherungsfachmann sieht den Spielball beim Innenministerium und wünscht sich im Interesse der Feuerwehrleute eine schnelle und klare Regelung.

Bis dahin sei es aber auf jeden Fall so, dass wenn die Feuerwehren in Amtshilfe für andere auf dem Wasser tätig werden, dies auch versichert sei. Auch gelte der Grundsatz im Interesse der Kameradinnen und Kameraden, dass die Feuerwehr im Einsatzfall nicht jedes Mal prüfen müsse, ob man denn bei der Rettung von Menschenleben nun versichert ist oder nicht.

Bürgermeister Mirko Spiekermann aus Neustadt schwant Böses, wenn nicht schnell eine Lösung gefunden werde. Seine Feuerwehr sei optimal für die Wasserrettung in Küstennähe ausgerüstet und ausgebildet. „Ich möchte nicht, dass hier an unseren Küsten erst etwas passieren muss. Die Badegäste und Wassersportler müssen hier sicher sein!“, so das Stadtoberhaupt.

Die Verantwortlichen bei Feuerwehren und Gemeinden sind sich offenbar sicher: Ohne die Feuerwehr kann die Wasserrettung an Schleswig-Holsteins Küsten nur schwer gewährleistet werden. Zwar seien im Sommerhalbjahr die Strände unter anderem durch die DLRG besetzt, aber das nur tagsüber. „Wir sind in 10 Minuten vor Ort. Das ganze Jahr - 24 Stunden und 365 Tage“, so einer der Wehrführer. Das könnten die anderen Organisationen, mit denen die Feuerwehr bisher bei solchen Einsätzen zusammenarbeitet, nicht leisten.

Zum Glück scheint sich jetzt auf Druck der betroffenen Wehren und Gemeinden eine Lösung anzubahnen: Wie das Innenministerium heute mitteilte, habe man gemeinsam mit allen Beteiligten beschlossen, zukünftig die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger zu bitten, die Koordinierung der Notfälle auf Nord- und Ostsee im Bereich der Schleswig-Holsteinischen Strände zu übernehmen. Die Seenotretter sollen dann entscheiden, ob einer ihrer Seenotkreuzer schnell vor Ort sein kann oder aber Hilfe von Land anfordern. Im Zuge der Amtshilfe würden dann entweder die örtliche Feuerwehr, eine DLRG-Einheit oder andere Rettungsorganisationen alarmiert, je nachdem wer am schnellsten vor Ort ist. Mit einer solchen Amtshilfevariante sei dann auch wieder der Versicherungsschutz gewährleistet.

Aus Sicht des Landesfeuerwehrverbandes wohl eine akzeptable Lösung, wie der oberste Brandschützer des Landes, Landesbrandmeister Frank Homrich in einer gemeinsamen Pressemitteilung am Abend bekanntgab: „Unser oberstes Interesse ist es, dass unsere Feuerwehrkräfte optimal eingesetzt werden.“

Damit dürfte einer sicheren Badesaison an den Stränden im Norden nun nichts mehr entgegen stehen.

 


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