brandenburg
Donnerstag, 8. Juni 2017
Jeserig, Landkreis Potsdam-Mittelmark, Brandenburg
News-Nr.: 25368

Brandopfer müssen selbst löschen:
Feuerwehr wählt für Nachwuchsgewinnung drastischen Weg – 250 Halbliter Flaschen mit „Löschwasser“ gefüllt und an die Haushalte verteilt – Tenor: Bewohner „sollen“ selbst löschen, da Feuerwehr es nicht mehr kann – Einsatzbereitschaft bei immer mehr Freiwilligen Wehren tagsüber nicht mehr gewährleistet

Helfer können teilweise nicht mehr ausrücken, was im Ernstfall gravierende Folgen haben würde – Freiwillige Feuerwehren stellen mit 1,3 Millionen Mitglieder die Sicherheit in Deutschland sicher, geraten aber immer mehr unter Druck - Aktion kommt in Bevölkerung gut an und lockt sechs Interessierte in die Wehr – Eindringlicher Appell für das Ehrenamt

Bildergalerie vorhanden

Datum: Donnerstag, 8. Juni 2017

Ort: Jeserig, Landkreis Potsdam-Mittelmark, Brandenburg

 

(ch) Man stelle sich vor: das eigene Haus brennt, die 112 wird gewählt und kurze Zeit später schrillt die Dachsirene – und dann passiert nichts. Während die Flammen sich mehr und mehr ausbreiten, das persönliche Hab und Gut und somit viele Erinnerungen vernichtet werden, steht man alleine vor den Flammen. Anstelle dem Martinshorn zu lauschen, was sie langsam nähert, hört man nur das zerstörerische Knistern des Brandes, der einem gerade alles nimmt. Und in der Hand hält man lediglich eine kleine Wasserflasche mit 0,5 Liter, auf der groß „Löschwasser“ steht.

Eine gruselige Vorstellung mit der die Feuerwehr in Jeserig derzeit um Mitglieder wirbt. Auch wenn die Lage derzeit noch nicht derart kritisch ist, ist die Situation grundlegend angespannt. „Im letzten Jahr eskalierte es, als wir nicht ausrücken konnten, weil nur zwei Kameraden erschienen“, erinnert sich Ortsbrandmeister Carsten Groth. Andere Wehren sprangen ein und auch wenn es kein bedrohlicher Einsatz war, so hat er ein ungutes Gefühl zurückgelassen. Was ist, wenn es wirklich mal brennt, möglicherweise noch Menschen in dem Gebäude sind? Oder eine Person bei einem Unfall eingeklemmt wird und dringend befreit werden muss? „Das kann zu gefährlichen Situationen führen, wenn die Wehren aus dem Umland erst anrücken müssen“, betont Groth. Dabei ist seine Wehr eigentlich gut aufgestellt. 30 Kameraden leisten freiwilligen Dienst, eine Kinderfeuerwehr ist entstanden, die Floriansjünger sind fest im Dorfleben integriert. Doch während nachts gute Manpower vorhanden ist, wird es tagsüber dünn. „Viele pendeln nach Berlin, Potsdam oder in Richtung Magdeburg und stehen nicht zur Verfügung“, so Groth, der sich deshalb eine besondere Aktion ausgedacht hat.

250 Trinkflaschen wurden kürzlich mit „Löschwasser“ gefüllt. Zusammen mit einem Flyer wurden diese in Tüten an die Haushalte verteilt, zusammen mit dem markanten Spruch, dass man sich künftig selbst helfen müsse, da die Feuerwehr es nicht mehr könnte. Eine gezielte Übertreibung, die ihre Wirkung aber nicht verfehlt hat. Ein Bewohner hat sich bereits angemeldet, ein weiterer wird künftig in zwei Wehren aktiv sein und vier weitere wollen demnächst ebenfalls Mitglieder werden. So alle wären dann Teil einer großen Familie. „In Deutschland gibt es 1,3 Millionen Feuerwehrleute. Davon sind aber nur 46.000 in einer Berufsfeuerwehr“, erklärt Groth und weist damit auf die elementare Wichtigkeit der Freiwilligen Feuerwehr mit. Denn in einem Großteil in Deutschland stellt eben genau diese den Brandschutz und die Gefahrenabwehr sicher. Umso wichtiger ist es, dass dieser Umstand auch in den Köpfen bei den Menschen ankommt. Damit es nicht tatsächlich irgendwann Realität wird und man beim Wohnhausbrand selbst zum Schlauch greifen muss, weil sonst einfach keiner mehr kommt.

 

Die NonstopNews-Bilder und die Töne:

 

Teil 1:

  • Blick auf Einsatzfahrzeuge und Stadtlogo
  • Kameraden im Gespräch
  • Feuerwehrmann läuft zum Fahrzeug, steigt ein und wartet vergeblich auf weitere Kameraden
  • Kamerad sitzt im Fahrzeug und zuckt mit den Schultern
  • Leere Sitzbänke
  • Feuerwehrleute befüllen Tüten mit Löschwasser
  • Einsatzjacken in der Fahrzeughalle
  • Schnittbilder
  • O-Ton Carsten Groth, Feuerwehr Jeserig: „Wir haben wie fast alle Freiwillige Feuerwehren im Bundesgebiet ein erhebliches Personalproblem in letzter Zeit...am Tage können wir nur sehr schwer die Einsatzstärken halten...eskalierte letztes Jahr, als wir nicht ausrücken konnten, weil nur zwei Kameraden erschienen...war zum Glück kein bedrohlicher Einsatz, der von den umliegenden Wehren abgearbeitet werden konnte...war so ein bisschen der traumatische Anlass, dass wir uns was einfallen lassen...auf möglichst interessantem Wege neue Kameraden in die Feuerwehr zu holen...es hat verschiedene Gründe...bei uns ist es ein demografisches Problem...die Leute schlafen hier, aber tagsüber sind sie nach Berlin, Potsdam oder Magdeburg und stehen uns am Tage nicht zur Verfügung...aber ich weiß, dass wir im Ort viele Schichtdienstler haben...habe mir überlegt auf Masse zu setzen, je mehr Leute ich in der Wehr habe, desto mehr haben mal Urlaub oder sind am Tage da, sodass wir auf diese zurückgreifen können...wir haben uns die Sache durch den Kopf gehen lassen...ein normales Plakat aufzuhängen, lockt keinen mehr hinter dem Ofen hervor...Zettel einwerfen, die landen im Altpapier und wir haben versucht den Leuten auf kurzem und drastischen Wege die Tür zu öffnen, um ihre Gedanken anders zu fokussieren, a la „wenn die Feuerwehr nicht mehr da ist, wie löschen wir ein Feuer?“...da ist uns die Idee mit dem Löschwasser gekommen...haben Flaschen mit Wasser gefüllt und an die Haushalte verteilt...es ist ziemlich drastisch...wir stellen in den Flyern klar, dass es ein Aufmerksamkeitserreger sein...die Einsatzbereitschaft ist weiter gewährleistet...aber wenn eine Wehr nicht ausrücken kann, dass die umliegenden Wehren anrücken, was länger dauert und zu gefährlichen Situationen führen kann...wenn eine Feuerwehr wegen Personalmangels nicht ausrücken kann und umliegende Feuerwehren kommen oder erst nachalarmiert werden müssen, das kann zu einer Situation führen, die einen Brand erheblich verschlimmern kann...das Verletzungen nach einem Unfall nicht so optimal behandelt werden können...wir haben bei Verkehrsunfällen die Goldene Stunde, in der die Leute in Krankenhäuser sollen, und das ist dann schwer einzuhalten...zumal wir erst alarmiert werden müssen und zum Gerätehaus fahren, ehe wir zum Einsatzort kommen...sind also immer schon etwas langsamer als eine Berufsfeuerwehr...durch eine Wehr, die nicht ausrücken kann, können drastische Folgen entstehen...ich setze auf die Aufklärung der Leute...ich weiß, dass viele Leute nicht wissen, dass die Freiwillige Feuerwehr DIE Feuerwehr im Bundesgebiet ist...es gibt 1,3 Millionen Feuerwehrleute, davon sind nur 46.000 in einer Berufsfeuerwehr...der Rest ist in Freiwilligen Wehren...die stellen den größten Teil des Brandschutzes und der Gefahrenabwehr, das wissen einige Leute nicht...die Leute sollen überlegen, was sie für die Gemeinschaft tun können und dass es ein guter Weg wäre, in einer Feuerwehr mitzuwirken...gibt ein gutes Gefühl, anderen Leuten zu helfen...die Leute sind alt genug, dass sie mit 0,5 Liter Wasser keinen Wohnungsbrand löschen können...glaube auch nicht, dass wer die Flasche nimmt...vorher kommt der Gartenschlauch...aber die große Hoffnung bleibt, dass alle Freiwilligen Wehren die Einsatzbereitschaft erhalten und schnell Hilfe leisten können..."

Teil 2:

  • Leere Flaschen mit Infoflyer
  • Groth hält Löschwasserflasche in der Hand
  • Feuerwehrwagen rollen rückwärts in Halle, Tore werden geschlossen
  • O-Ton Carsten Groth, Feuerwehr Jeserig, mit Resümee der Aktion: „Resonanz ist prima...haben gestern einen Festen einstellen können...eine weitere wird eine Doppelmitgliedschaft eingehen, also in zwei Wehren sein...und vier haben vier Interessanten...da bin ich optimistisch...ist eine schöne Sache...auch andere Feuerwehren stehen den Leuten zur Verfügung, es ist auch weniger Zeiteinsatz, als man vielleicht denkt...für mich eine befriedigende Tätigkeit außerhalb des normalen Stresses...bringt einfach etwas zurück, Dankeschön!“

Teil 3:

  • Groth geht mit Tüten durch den Ort
  • Löschwassertüten werden an Zäune gehangen
  • Groth geht auf Nimpsch zu und spricht diesen aktiv an
  • Tüte hängt am Zaun
  • Groth und Nimpsch tauschen sich aus
  • Ausrüstung wird in Feuerwehrwagen gelegt
  • Schläuche werden aufgerollt
  • Plakat hängt in Fenster
  • Gerätehaus im Detail
  • Helfer im Gespräch
  • O-Ton Christian Nimpsch, Interessierter: „Ist eine tolle Aktion...bin neu hergezogen und wusste nicht, dass es so für die Feuerwehr bestellt ist...interessiere mich dafür...werde mir beim nächsten Termin das mal anschauen und erklären lassen...man ist sicher überrumpelt, weil man mit so einer Ansprache nicht gerechnet hat...finde die Aktion aber gut...mit dem Löschwasser ist es ein toller Einfall...im ersten Moment muss man schmunzeln, dann denkt man darüber nach und kommt ins Grübeln...ein Plakat hätte nicht so eine Wirkung...werde mir das auf jeden Fall angucken...wenn es etwas für mich ist, schaue ich, ob ich da unterstützen kann...hier auf dem Dorf muss man immer nachdenken, was passiert, wenn das eigene Haus in Flammen steht und keiner da ist zum Löschen...gar nicht so abwegig zu denken, dass wenn es brennt, warum soll ich mich dann nicht auch engagieren..."

 

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