Schimmelskandal im Kindergarten:
Elternvertreter erheben schwere Vorwürfe gegen Stadt - Obwohl Schimmelbildung mindestens seit Wochen bekannt, reagiert Verwaltung erst jetzt, nachdem Gutachten hohe Gesundheitsgefährdung festgestellt hat - Schimmel durch Wasserschaden entstanden, aber Eltern wurden seit Monaten im Unklaren gelassen - Mehrere Kinder mit gesundheitlichen Problemen, die auf Vergiftung zurückzuführen sein könnten
Erzieherinnen hatten sich anonym wegen Missständen an die Eltern gewandt, die den Vorfall jetzt öffentlich gemacht haben -Insgesamt 50 Kinder betroffen - Bürgermeister verspricht Aufklärung, weist primäre Verantwortung aber von sich - Vater stellt Strafanzeige gegen Verwaltung - Eltern werfen Stadt Untätigkeit vor: „Es geht um die Gesundheit unserer Kinder, unserem höchsten Gut!“ - Bilder zeigen, dass Holzbalken von schwarzem Schimmel betroffen sind, doch Bürgermeister erklärt, man habe nichts gesehen oder gerochen
Datum: Mittwoch, 18. Mai 2022, 23:00 Uhr
Ort: Schortens, Landkreis Friesland, Niedersachsen
(ch) Die Elternvertreter des Kindergartens Abenteuerland in Schortens sind wütend, enttäuscht und müde. Denn seit Wochen weisen sie auf eine mögliche Gesundheitsgefahr für ihre Kinder hin. Und obwohl die Stadt als Trägerin des Kindergartens sich dieser Problematik bewusst sei, ist nichts passiert – bis heute, als die Stadt nach Veröffentlichung eines medizinischen Gutachtens die vorläufige Schließung der Räumlichkeiten ankündigte..
Doch worum geht es konkret? Anfang Januar dieses Jahres stellten Erzieherinnen fest, dass es in den Kindergarten, der als Containerbau im Ortsteils Ostringfelde aufgebaut ist, reinregnet. Die Bauverwaltung der Stadt wird informiert, angeblich Fachleute gerufen. Doch bis zum 28. Januar passiert nichts. „Uns Eltern ist es da aufgefallen, weil wir unsere Kinder an einer anderen Tür abgeben mussten“, sagt Sebastian Sturm. Die Kinder zogen in einen anderen Gruppenraum, der ebenfalls nass war und kamen schließlich in einen weiteren Raum. „Im Februar wurde die Decke geöffnet und Schimmel entdeckt. Dies wurde uns, den Eltern, nicht mitgeteilt“, erklärt Sturm weiter. Erst Anfang April hätten sich Erzieher anonym an die Elternvertreter gewandt und auf die Schimmelproblematik hingewiesen. Daraufhin verschaffte sich Sturm selbst in der Einrichtung ein Bild. Denn nachdem seit Corona-Ausbruch die Eltern ein Betretungsverbot haben, wussten diese überhaupt nicht, wie es darin aussieht. Er erkannte die Situation sofort, holte seinen Sohn aus der Einrichtung und schrieb den Bürgermeister. Doch eine Reaktion der Stadt folgte erst Ende April in Form eines Gutachtens. Das ergab nun, dass tatsächlich mehrere Räume mit einer hohen Schimmelpilzkonzentration befallen sind. Die Stadt entschied daraufhin, dass ab Mittwoch die Container nicht mehr genutzt werden dürfen. „Es hat sich herausgestellt, dass die Kinder und Erzieher mindestens über Wochen, wenn nicht über Jahre vergiftet wurden. Denn auch vor zwei Jahren gab es schon einen Wasserschaden“, kritisiert Sebastian Sturm. Und mit der Kritik steht er nicht alleine da.
Denn die Elternvertreter fordern Aufklärung von der Stadt. „Wir sprechen über die Kinder, die Gesundheit der Kinder, das höchste Gut, was wir als Eltern haben“, macht Anne Stickdorn, die Vorsitzende der Elternschaft deutlich. Und sie sagt weiter: „Dass diese Verantwortung an den Eigentümer abgegeben wird und sich nicht damit auseinander gesetzt wird, wieso die Stadt nicht mehr getan hat, ist nur enttäuschend. Da ist kein Vertrauen mehr da.“
Dabei spielt sie auf Aussagen von Bürgermeister Gerhardt Böhling an, der erklärt: „Wir haben das von der Bauverwaltung begleitet, aber in der Verantwortung ist der Vermieter. Gleichwohl habe ich volles Verständnis für das Verhalten der Eltern.“ Er weist darauf hin, dass er nach dem Schreiben von Sebastian Sturm noch aus dem Urlaub heraus reagiert habe und den Vorgang in Gang gesetzt habe: „Sie gehen davon aus, dass man einen Wasserschaden hat, der behoben wurde und damit ist der Fall erledigt.“ War er aber nicht, wie nun auch der Bürgermeister einräumen muss. „Zu sehen und zu riechen ist da nichts. Und als Laie hat man den Eindruck, da ist auch nichts. Das haben wir und der Vermieter falsch eingeschätzt.“
Denn mittlerweile ist klar, dass eine hohe Gesundheitsgefährdung bestand, wie Proben zeigten. Und tatsächlich zeigen mehrere Kinder, darunter der Sohn von Sebastian Sturm und die Tochter von Anne Stickdorn, Krankheitssymptome, die auf eine Pilzerkrankung zurückgeführt werden können. Von Hustenanfällen über Asthma bis Nesselfieber und eitrige Nebenhöhlenentzündungen haben die Eltern seit dem Winter vieles durchgemacht, waren aber wie ihre Ärzte ratlos. Daher wenden sie sich nun auch an einen Fachmediziner, der Kinder wie Eltern genau durchchecken soll.
Sebastian Sturm hat derweil Anzeige gegen die Stadt und den Bürgermeister gestellt. Obwohl die Missstände bekannt waren, habe man nicht reagiert, was den Tatbestand der Untätigkeit im Amt erfülle – so seine Begründung. Sowohl Eltern als auch Verwaltung fordern Aufklärung. Nur der Schaden scheint jetzt angerichtet und die Folgen sind noch nicht absehbar. Die insgesamt 50 Kinder der betroffenen Einrichtung sind vorerst in einer Turnhalle untergebracht. Hier ist eine Alternativbleibe noch nicht gefunden.
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