Ihr Laster ist ihr Laster:
Eine nostalgische Reise in eine andere Zeit: Historische Nutzfahrzeuge auf Deutschlandfahrt bringen Augen zum Leuchten
Private Nutzfahrzeugfreunde haben mit 64 historischen Lastwagen eine sehenswerte Zeitreise unternommen, die unser Team exklusiv und aufwändig reportagig begleiten konnte
Datum: Donnerstag, 01. Oktober 2020
Ort: Visselhövede, Niedersachsen
(gs) Es glänzt der Lack, es blitzt der Chrom, Motoren brummen, Augen glänzen: 64 historische Nutzfahrzeuge haben auf einer kleinen Deutschland-Tour die Herzen vieler Nostalgie-Freunde höher schlagen lassen – und wir waren exklusiv dabei:
Ihr Laster ist der Laster und dieses Hobby verbindet Generationen: Vier Tage lang diese gemeinsame Leidenschaft auszuleben, bedeutet vielen mehr als ein wochenlanger Urlaub. „Man muss das Hobby einfach im Herzen tragen, sonst funktioniert es einfach nicht“, so Wilhelm Hoyer, auf dessen Hof die große Ausfahrt in Visselhövede in der Lüneburger Heide startet. Mit dabei ist auch Spediteur Heino Anhalt: „Wir treffen uns auch hier als Familie und haben unser Hobby immer dabei.“ Doch nicht nur Menschen die eh beruflich mit schweren Maschinen und Lastwagen zu tun haben, sind den Boliden verfallen: „Wir haben auch einen Doktor, einen Chirurgen und einen Müller dabei,“ erzählt Alexander Fischer als Koordinator, „ein bisschen verrückt musst Du schon sein“.
Kaum haben sich alle versammelt, fahren sie auch schon wieder los: Ziel der Etappe ist Einbeck, wo am Abend eine riesige Sammlung historischer Lkw bestaunt werden soll. Die rund 200 Kilometer weite Ausfahrt selbst ist erst einmal ein großartiges Erlebnis. Der strahlende Spätsommer-Sonnenschein trifft auf traumhaft schöne LKW-Klassiker. Auch ein Setra-Omnibus aus dem Jahr 1955 ist auf der Tour dabei - ein echtes Schmuckstück mit 100 PS-Henschelmotor und gerade mal 6,70 Meter lang. „Die Leute in den 50-er und 60-er Jahren konnten endlich wieder reisen,“ so Peter Hanses, Besitzer des Setra-Schmuckstücks, „nicht das Ankommen auf große Distanz, sondern die Reise selber in der entsprechenden kleinen Gesellschaftsgruppe war das Ziel damals.“ Und dieses Nostalgiegefühl hat sich das Team bewahrt: „Das ist der schönste Urlaub, den man sich vorstellen kann“, so Spediteur Claus Giebel. Er und seine Frau Gabriele sind mit einem Scania Haubenwagen aus dem Jahr 1984, unterwegs. 305 PS hat dieser Truck, den das Ehepaar 2013 gekauft hat. Beide haben eine kleine Spedition und sind entsprechend viel beschäftigt: „Weil wir ein kleiner Betrieb sind, können wir nicht so oft in den Urlaub fahren - deshalb ist das jetzt unser Highlight“
Am Abend in Einbeck im dortigen PS-Speicher dann ein regelrechtes Feuerwerk mit Truck-Klassikern soweit das Auge reicht.
„Das ist einfach nur überwältigend“, so Constanze Pillmeier als Teilnehmerin der Deutschlandfahrt, „sensationell hier, sowas habe ich noch nicht gesehen. Hier sind so viele Fahrzeuge, die sind wesentlich älter als ich selber, und es ist eine große Familie.“ Komplimente dieser Art hört Museumsgründer Karl-Heinz Rehkopf natürlich immer gerne. Und wie jeder hatauch er einen Favoriten: „Der Feuerwehr-Krupp mit 52 Meter ausfahrbaren Leiter“.
Nach der Nacht in Einbeck dann ein früher Start für die Weiterfahrt am nächsten Tag. Die Nacht war mit gerade mal plus vier Grad ganz schön frisch. Und wenn man dann sieht, wie sie so mancher verbracht hat, kann man sich auch vorstellen, was für ein besonderes Erlebnis die Deutschlandfahrt tatsächlich ist. Horst Fehrenkötter hat im Holz-Container des Büssing Decklasters geschlafen. Dieser Lkw von 1965 ist ein Prototyp und ein echtes Unikat zugleich. Der Truck liegt so tief, dass er seine Fracht sozusagen auf dem Dach der Kabine spazieren fährt. Folge dieser ungewöhnlichen Konstruktion ist, dass der Fahrer fast auf der Straße sitzt.„Wir fahren da wenig mit und für uns ist das jetzt die erste Tour, wo wir damit fahren“, so Fehrenkötter, „wir haben da noch ein bisschen Respekt davor, weil es nicht einfach ist.“ Wenn hier irgendwas kaputt, dann gibt es keine Ersatzteile.
Auch wenn viele der historischen Nutzfahrzeuge aus heutiger Sicht ein wenig exotisch anmuten – alle haben sie ihren Dienst für das Transportgewerbe geleistet. Jahrzehnte nach ihrem aktiven Einsatz aber wird eine Fahrt wie die Deutschlandtour durchaus zu einer Belastungsprobe. Für Mensch und Material. „Wir fahren ohne Last, das ist eigentlich für die normalerweise lockeres Rollen, „so Mitveranstalter Joachim Fehrenkötter, „aber für die Fahrer sind natürlich Lenkkräfte und Pedalkräfte noch relativ hoch.“
Die Teilnahme an der Deutschlandfahrt für historische Nutzfahrzeuge ist ein absolutes Muss auch im Terminkalender von Horst Anhalt - seit Jahren schon. Und auch seine Frau Gudrun ist stets dabei: „Das ist unser Leben und unser Hobby – und bringt Freude, so dass das Herz aufgeht.“
Irgendwie scheint es, als sei bei den Anhalts einen Moment lang die Zeit stehen geblieben. Wären da nicht auch Anhalts Söhne Thies und Heino. Auch sie teilen die Leidenschaft der Eltern und sie sorgen dafür, dass die vielen Nutzfahrzeug-Klassiker auf der Straße bewegt werden. „Für mich ist es natürlich das Größte, mit den Oldtimern herumzufahren und viele Gleichgesinnte zu treffen,“ so Thies Anhalt, „das ist schon wirklich Adrenalin pur für mich, so ein bisschen in der Vergangenheit zu schwelgen.“
Tourpause bei den Anhalts: Kaffee und Leckereien gibt es im zum Wohnzimmer umgebauten Auflieger. Das hier ist das Reich von Oma Gudrun - und sie genießt es sichtlich, die gesamte Familie zu umsorgen. „Ich hab das große Glück, dass ich die ganze Familie um mich herum hab, „so Junior Robin Anhalt, „ich kann Oma und Opa so immer fragen, wie das früher war oder aber auch, wie man heutzutage noch Probleme lösen kann.
Zurück auf die Straße. Am Steuer Thies Anhalt und seine Frau Saskia. Auf der Deutschlandfahrt sind sie mit einem seltenen Ford Transcontinental von 1982 unterwegs. Der Ford ist mittlerweile ein wirklicher Exot, hat 320 PS und 14 Liter Hubraum. Und unglaublich: Dieser Lkw stammt sogar aus prominentem Vorbesitz. „Als wir den kauften, wussten wir noch nicht“, erzählt Thies, „Erstbesitzer ist der Rennstall von Bernie Ecclestone - das ist uns aber erst im Nachhinein bewusst geworden.“
Was die Szene der Freunde historischer Nutzfahrzeuge angeht, so sind die Anhalts aus Schleswig-Holstein natürlich nur ein Beispiel für den ausgeprägten Familiensinn dieser Gemeinschaft. Eine Gemeinschaft, in der kultige Klassik-Trucks im Mittelpunkt stehen, ohne das menschliche Miteinander zu vernachlässigen. Ein Gefühl, dass auch den großartigen Erfolg der Deutschlandfahrt für historische Nutzfahrzeuge ausmacht. „Die Fahrzeuge, das sind ja Familienmitglieder mittlerweile,“ schwärmt Joachim Fehrenkötter, „wenn die morgen nach Hause fahren, dann wird es echt schwer“.
Ein Wiedersehen der Teilnehmer gibt es übrigens in zwei Jahren. Dann soll die Tour nach Frankreich gehen...
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