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Montag, 24. August 2020
Delmenhorst, Niedersachsen
News-Nr.: 33937

Bauordnung, Innenstadtkonzept und ein gefragter Sonderposten-Markt am Stadtrand...
Streit zwischen Verwaltung und gefragtem Sonderposten-Geschäft spaltet die Öffentlichkeit - Wartende Besucher mussten nach Verkaufsverbot wieder weggeschickt werden - Selbst Notlösung Online-Shop ausgebremst, weil Unternehmer keine Nutzungsanträge gestellt hat

Innenstadtkaufleute hatten vor Jahren ein Konzept in Rat verabschieden lassen, um keine Geschäfte mit innenstadtrelevanten Waren am Stadtrand als Konkurrenz zu dulden - Geschäftsleute übernahmen Nutzungsplan von altem Baumarkt und wollten ohne neuen Antrag Sonderpostenhandel betreiben - Kleinstadt-Streit bis vor das Gericht - Oberbürgerneister und Innenstadtkaufleute mahnen zur Sachlichkeit

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Datum: Montag, 24. August 2020

Ort: Delmenhorst, Niedersachsen

 

(gs) Sandwich-Toaster für 3,33 Euro, Gartenzwerge für 2 Euro oder Geschirrspülmittel für 1 Euro - der Sonderposten-Markt "Postenhandel Nord" in Delmenhorst wird schon seit Jahren wegen der ganz besonderen Schnäppchen von Kunden aus ganz Niedersachsen angesteuert. Nachdem das Geschäft von einem kleinen Lagerhallenverkauf in die Räume eines ehemaligen zentrumnahen Supermarkltes gewechselt war, wurde das Angebot noch größer und mit diesem die Nachfrage. Die Betreiber-Brüder Pawlowski wollten nun einen weiteren großen Schritt in der erfolgreichen Expansionsgeschichte ihres Sonderposten-Geschäftes gehen und übernahmen von einem vorherigen Möbel-Outlet die Fläche eines ehemaligen Baumarktes am Stadtrand von Delmenhorst mit satten 8000 Quadratmetern Verkaufsfläche. Schnäppchen soweit das Auge reicht. Die Vorfreude war riesig und zur Eröffnung warteten bereits mehrere 100 Kunden vor dem Geschäft. Doch sie mussten ohne Schnäppchen wieder nach Hause, denn die Stadt machte den Machern kurzfristig einen Strich durch die Rechnung: Verkaufs-Verbot. Grund war ein bestehendes Einzelhandelskonzept, welches im Konflikt steht mit dem Sonderposten-Markt. "Das Einzelhandelskonzept ist erarbeitet worden zwischen Politik, Verwaltung, IHK, Gewerbetreibenden", so Oberbürgermeister Axel Jahnz, "hier ist ganz deutlich zum Schutz der Innenstadt gesagt worden, dass innenstadtrelevante Sortimente nicht mit 90 Prozent, sondern nur mit einem wesentlich geringerem Anteil außerhalb der Innenstadt veräußert werden dürfen." Die innenstadtrelevante Artikel waren vor Jahren gemeinsam definiert worden, damit die Delmenhorster Innenstadt nicht weiter ausblute, so Innenstadtkaufleute-Sprecher Christian Wüstner.  "In den vergangenen Jahrzehnten sind viele Fehler gemacht worden, da wurde auf der grünen Wiese sehr viel gebaut, dadurch hat sich die Innenstadt sehr nachhaltig verändert." Der Politik und der Verwaltung sei früh genug aufgefallen, dass man da mal gegensteuern müsse, damit man auch diese schöne Innenstadt wieder voranbringen könne, so Wüstner weiter. Die Sonderposten-Brüder Pawlowski waren von dieser Überschneidung kalt erwischt worden, man hatte versucht unbürokratisch auf Grundlage einer alten Nutzung weiterzuarbeiten. Ein Bauantrag für die neuartige Nutzung wurde nicht gestellt. "Wir hatten uns dieses Objekt extra aufgrund der Vor-Nutzungen ausgesucht ,weil es nicht so leicht ist, heutzutage einen neuen Bauantrag durchzubekommen mit all den Artikeln, die man gerne verkaufen möchte", so Christoph Pawlowski, einer der beiden Geschäftsführer des Postenhandel Nord. "Wir haben zwei Monate bevor wir angefangen haben mit dem Bauordnungsamt gesprochen und gesagt, dass wir hierher ziehen wollen und dass wir die Nutzung übernehmen wollen, ob das in Ordnung wäre. Dies wurde bejaht, wenn wir uns ans Sortiment halten“, so Pawlowski. Auf einen Antrag wurde verzichtet - das Verkaufsverbot kam prompt, wenn auch kurzfristig und wurde nach einem Eilantrag von einem Gericht zudem bestätigt. "Über die Dinge muss man vernünftig reden und so ein Antrag ist auf den Weg zu bringen, sowas macht man nicht per Handschlag", erklärt Oberbürgermeister Axel Jahnz sichtlich empört darüber, dass die Geschäftsführer in den sozialen Medien die Verwaltung und die Kaufleute als Schuldige der Misere darstellen. Innenstadtkaufleute-Sprecher Wüstner versucht zu vermitteln und zu versachlichen: "Ich hätte schöner gefunden, vorher alles rechtlich zu klären, bevor man von Schikane und Behördenwillkür spricht, dass könnte die Sache sicherlich versachlichen", so Wüstner, der weiß, was es bei Geschäftsöffnungen zu beachten gibt: "Also bestimmte Anträge müssen halt gestellt werden, das ist nicht immer logisch für jeden Laien zu erkennen,", so der Inhaber eines Comuterspielehandels, "aber dafür haben wir Rechtsanwälte, die uns Unternehmer beraten, ich hätte gedacht, dass man das im Vorfeld vielleicht besser klären kann". 

Doch anstelle nun Anträge nachzureichen und Dialoge zu führen gab es gleich die nächste Kontroverse bei einem Besuch im Rathaus: "Uns wurde eröffnet, das in der Zeitung gelesen wurde, das wir einen Onlinehandel wiederbeleben wollen und uns das dann untersagt wird, weil wir keinen Bauantrag wegen einer Nutzungsänderung zum Onlinehandel gestellt hätten," so Pawlowski ratlos. "Das wusste ich nicht, dass man das machen muss, ich kenne ziemlich viele Leute in Delmenhorst, die auch Onlinehandel betreiben, da hat natürlich kein Mensch jemals eine Baugenehmigung oder Nutzungsänderung beantragt", so der Geschäftsmann. Doch die Stadt hat ihre Grübde: "Wenn ein Onlinehandel auf den Weg gebracht werden soll, dann sagt die Stadt nicht von vornherein, wir untersagen den", entgegnet Oberbürgermeister Jahnz,  "auch da muss es einen Antrag geben, weil diese Ware gelagert wird und das muss auch unter den Brandschutzbestimmungen erörtert werden, denn auch in so einer Lagerhalle arbeiten Menschen." Innenstadtkonzept, Bauordnung, Nutzungsänderung, Lagerkonzept, Brandschutz... "Die Kommunikation beim Postenhandel und der Verwaltung ist sicherlich auf beiden Seiten etwas holprig," versucht Kaufmann Wüstner zu vermitteln, "da würde ich mir auch deutliche Besserung von beiden Seiten wünschen". Auch die Stadt und die Kaufleute würden den Sonderposten-Markt nicht torpedieren wollen, so wie es in der Öffentlichkeit suggeriert würde. Auch Wüstner ist gesprächsbereit, dass Innenstadtkonzept ggf. überarbeiten zu lassen. "Aber es muss schon mit Augenmaß und bisschen Übersicht passieren und nicht aus blindem Aktionismus für eine einzelne Firma." Oberbürgermeister Axel Jahnz weiß, dass auch in Nachbargemeinden gleiche rechtliche Schranken zu beachten sind und es kein Delmenhorster Problem sei: "Ich freu mich ja über neue Gewerbetreibende in unserer Stadt," so der SPD-Politiker, "unsere Tür ist immer auf, doch man muss die Tür nicht nur aufhaben, sondern der, der etwas möchte, muss dann auch mal durch die Tür gehen", so der Oberbürgermeister abschließend, "eine Tür hat eine bestimmte Höhe und Breite und ich glaube ein Herr Pawlowski kommt da auch durch..." 

Übrigens: Bei einer kurzen Umfrage in der Stadt stimmten die Befragten eher dem Sonderpostenbetreiber zu und sehen - wie auch er selber - keine Konkurrenz zur Innenstadt, so wie es das Gericht sieht. Den Online-Shop hat das Unternehmen inzwischen unter einer Adresse aus dem Landkreis eröffnet, um die Forderungen der Stadt zu umgehen. Ob die Delmenhorster Nutzungsfläche dafür als Lager- und Versandabteilung unerlaubt genutzt wird, ist wohl das nächste Kapitel dieser Kleinstadt-Posse mit offenem Ende...

 

 

 


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