NonstopNews

Datum: Dienstag, 30. August 2016

Ort: Marienberg in Brandenburg an der Havel, Brandenburg

(cad/gs) Appetitanregend scheinen die Träubchen zu sein, die auf dem Marienberg in Brandenburg an der Havel gedeihen, denn eigentlich sollten sie von Mitarbeitern der Lebenshilfewerkstatt Brandenburg an der Havel zu Wein gekeltert werden. Doch stattdessen steht dieses soziale Projekt nun vor dem Aus. Und der Grund für das Dilemma ist alles andere als ein Mundraub...

"Dieses Jahr haben wir das Problem, dass wir verstärkt Mitbürger haben, die nicht nur probieren wollen, sondern die mit Eimern, Tüten und Scheren bewaffnet kommen und in einer Größenordnung Trauben mitnehmen, dass das ganze Projekt gefährdet ist", so Uwe Müller, Geschäftsführer der Brandenburger Wasser und Abwassergesellschaft der Stadt Brandenburg an der Havel und Projektleiter des Weinbaubetriebes. Und das, obwohl die Früchte erst in den kommenden Tagen ihren vollen Reifegrad erreichen werden.

Dabei scheinen sich die daherkommenden Langfinger keiner Schuld bewusst zu sein. Am hellichten Tage fallen scharenweise Jogger und Spaziergänger über die Rebstöcke her, vor den Augen der Mitarbeiter. "Wir sind enttäuscht, dass die Arbeit unserer Mitarbeiter so respektlos behandelt wird", sagt Dirk Michler, Geschäftsführer der Lebenshilfewerkstatt Brandenburg an der Havel. Sein Betrieb und seine Mitarbeiter organisieren die Ernte.

Zwar heißt es in der Bibel: "Wenn du in den Weinberg eines andern kommst, darfst du so viel Trauben essen, wie du magst", im deutschen Strafrecht existiert der Tatbestand des Mundraubes jedoch schon seit den Siebzigern nicht mehr. Heutzutage handelt es sich hierbei um einen ganz normalen Diebstahl.

Um endlich wieder der Lage Herr zu werden und den Schaden zumindest etwas einzudämmen, sahen sich die Verantworlichen gezwungen, einen Zaun um den Weinberg zu errichten, um so, entgegen des ursprünglichen Gedankens, die Öffentlichkeit vom Marienberg auszuschließen; eine außerplanmäßige Ausgabe, die das sowieso schon knapp bemessene Budget zusätzlich belastet.

Hatte man zu Beginn der Saison noch gehofft, dieses Jahr die Ernte der letzten Lese, immerhin 1000 Flaschen, übertreffen zu können, steht nun das ganze Projekt auf der Kippe.

Wir haben das Dilemma um die Weinlese aufwändig dokumentiert und mit nachgestelltem Szenen bebildert.

Die NonstopNews-Bilder und die O-Töne:

- Totale von Weinberg, auch von Aussichtsturm

- Rebstöcke mit vielen Früchten

- Geschäftsführer zeigt die nun zum Teil leeren Rebstöcke

- nachgestellte Szene des Diebstahls

- Mitarbeiter ernten vebliebene Reben

- Zaun um den Weinberg wird abgeschlossen

- Weinflasche vom Vorjahr

- viele weitere Antext und Schnittbilder, ausführlich und reportagig gedreht

- O-Ton Uwe Müller, Geschäftsführer der Brandeburger Wasser- und Abwassergesellschaft für die Stadt Brandeburg und Umgebung (Brawag) und Projektleiter: ...Ehemaliges Bundesgartenschaugelände... Brawag war an der Buga (Bundesgartenschau) beteiligt... Haben auf dem Marienberg ein Projekt gestartet... Weinberg angelegt... 3500 Pflanzen... Zwei Sorten... Riesling... Prädestiniert für die Gegend... Pilzresistent... Früh reifend... Scheinbar appetitanregend... Projekt letztes Jahr gestartet... 1000 Flaschen als erste Ernte... Innerhalb von 2 1/2 Tagen verkauft... Das Gelände ist freizugänglich... Dieses Jahr das Problem, dass die Leute mit Eimern, Tüten und Scheren hier die Trauben ernten...Projekt ist damit dem Untergang geweiht... Tragen die Kosten und haben keinen Ertrag... Häfte des Ertrags weg... Trauben reifen erst jetzt... Wenn es so weiter geht, nicht mehr viel übrig, um nachher Wein zu keltern... Die Leute ernten am helligten Tag... Die gesamte Ernte ist damit in Gefahr... Die Lebenshilfe ist unser Partner... Menschen mit Behinderung machen hier die Arbeit im Weinberg... Haben gesehen, wie die Menschen hier Trauben geholt haben... Wir haben reagiert... Sind Streife gegangen... Haben einen Zaun bauen müssen... Wollten wir nicht... Das Projekt sollte öffentlich zugänglich sein... Wein ist zwar teuer... Sollte aber für jeden Brandenburger käuflich sein... Stimmt mich persönlich traurig und fassungslos... Ein gutes Projekt kann so nicht mehr weitergeführt werden... Wirtschaftliches Projekt... Knapp kalkuliert... Kosten sollen durch Verkauf gedeckt werden... Zaun war nicht eingeplant, musste gebaut werden... Zusätzliche Kosten.... Wirtschaftlickeit ist in Frage gestellt... Haben Strafantrag gestellt... Wir appelieren an die Bürger... Spricht nix dagegen, mal eine Traube zu probieren... Zeugen der Diebstähle sollen sich bitte melden...

Situativer Gang durch den Weinberg mit Uwe Müller, Geschäftsführer Brawag und Projektleiter, O-Ton: ...Hier zum Beispiel sieht man, dass der Rebstock abgeerntet ist... Keine Trauben mehr... Wenn man durch den Weinberg geht, stellt man überall abgeerntete Stellen fest... Hier sieht man einen vollen Rebstock...

O-Ton Dirk Michler, Geschäftsführer der Lebenshilfewerkstatt: ...Im Auftrag der Brawag haben wir vor drei Jahren die Pflege des Weinberges übernommen... Arbeiten hier vom Frühjahr bis zum Herbst... Optimale Pflege des Weinberges... Mitarbeiter waren Zeugen... Arbeit eiens ganzen Jahres zerstört... Für unsere Menschen mit Handicap kein schöner Anblick... Die Mühen zerstört... Mitarbeiter traurig... Gedeihen des Weinberges... Respektlos gegenüber der Arbeit unserer Mitarbeiter... Das waren Jogger, Spaziergänger... Intention natürlich nicht erkennbar... Man sieht dann bloß Tüten und Scheren... Wenn wir morgens beginnen, mussten wir die ersten Diebe verscheuchen... Kein Einsehen... Natürlich halten wir Ausschau... Schaden schwer bezifferbar... Einige Reben in Mitleidenschaft gezogen... Einige hundert Kilo kommen zusammen...

- Situativer Gang durch den Weinberg mit Dirk Michler, Geschäftsführer der Lebenshilfewerkstatt Brandenburg an der Havel: ...Zeige Stelle, wo Diebe zu geschlagen haben... Nur noch Reste zu sehen... Wie es aussehen soll, sieht man hier...

- O-Ton Heike Beckmann, Pressesprecherin der Brandenburger Wasser- und Abwassergesellschaft (Brawag): ...Bin mit dem Weinberg-Projekt betraut... Mir wurde gesagt, dass in größeren Mengen Weintrauben geerntet wurden... Mussten Zaun errichten... Ist zu bedauern... Weinberg ist nun für mehrere Wochen für die Öffentlichkeit gesperrt... Nach der Ernte wieder zugänglich... Hoffen, dass nichts mehr abhanden kommt... Wenn weitere Trauben geerntet werden, ist die Ernte in Gefahr... Ja, es sind tatsächlich Leute mit Scheren und Tüten gekommen und haben Trauben geerntet...

- O-Ton Mark Eplinius, Rechtsanwalt: ...Mark Eplinius, Rechtsanwalt in Potsdam... Fachanwalt für Strafrecht... Zum Begriff Mundraub... Veralteter Begriff aus dem deutschen Strafrecht... Früherer Tatbestand... Wurde in den siebziger Jahren abgeschafft... Umfasste die Entwendung von Nahrungs- und Genussmitteln... Heute ganz normaler Diebstahl... Begriff Mundraub ist ein Mythos... War früher schon nicht straffrei... Jetzt noch viel weniger... Ganz normaler Diebstahl... Ganz normale Strafen... Geld- oder teilweise Freiheitsstrafen... Kommt auf die Menge und Umfang an... Und auf den Täter... Ist der Täter straffrei, kann eventuell das Verfahren eingestellt werden... Diebstahl ist grundsätzlich der Fall, wenn Sachen, die einem nicht gehören, weggenommen werden... Egal ob Apfel oder Kugelschreiber... Ob es den bewusst ist, kann ich nicht sagen... Diefferenziert betrachten... Grundsätzlich möglich an öffentlichen Straßen Obst mitzunehmen... Der normale Apfelbaum ian der Allee ist frei zugänglich... Parkanlage ist nicht ganz frei öffentlich... Kann aber zu Irrtümern führen... Wird strafrechtlich berücksichtigt... Klassiker, der Baum vom Nachbarn reicht in meinen Garten... Solange der Apfel am Baum hängt, gehört er dem Nachbarn, wenn er runterfällt mir... Man sollte überlegen, befinde ich mich in einem öffentlichen oder in einem abgezäunten Bereich?... Jedem Beschuldigten steht es in einem Strafverfahren frei Stellung zu nehmen oder nicht... Kann Anwalt nehmen... Keine Anwaltspflicht...

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