bayern
Donnerstag, 5. Februar 2015
Neuburg an der Donau, Landkreis Neuburg-Schrobenhausen, Bayern
News-Nr.: 20060

Fahrverbot wegen Blaulichtfahrt:
Notarzt soll auf dem Weg zu lebensbedrohlichem Kindernotfall zwei Verkehrsteilnehmer gefährdet haben – Staatsanwaltschaft erlässt Strafbefehl über sechs Monate Führerscheinentzug und 4.500 Euro Geldstrafe – Mediziner fürchtet weitreichende Konsequenzen für alle Helfer im Blaulichteinsatz

Kleinkind hatte Sekundenkleber verschluckt und litt unter Atemnot – Notarzt kann sich an keinerlei Gefahrensituation erinnern und ist erschrocken über den rigorosen Kurs der Justiz

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Datum: Donnerstag, 5. Februar 2015

Ort: Neuburg an der Donau, Landkreis Neuburg-Schrobenhausen, Bayern

 

(ch) Seit 23 Jahren ist Dr. Alexander Hatz Notarzt aus Leidenschaft. Über 5.000 Einsätze ist der Notfallmediziner bereits gefahren, saß dabei jedes Mal hinter dem Steuer. Obwohl jede Blaulichtfahrt ein erhöhtes Risiko darstellt, hat er sich noch nie etwas zu Schulden kommen lassen und hat weder im Dienst, noch im Privaten je einen Punkt in Flensburg erhalten. Umso erschrockener ist Dr. Hatz, als im Januar 2015 ein Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Ingolstadt eintrudelte. Zwei entgegenkommende Autofahrer soll er bei einer Einsatzfahrt im April 2014 genötigt haben, so dass diese massiv ausweichen und stark abbremsen mussten. Sechs Monate soll er nun seinen Führerschein abgegeben und 4.500 Euro Strafe zahlen. „Ich bin erst einmal aus allen Wolken gefallen und hielt das für einen Scherz der Kollegen“, ist der Mediziner noch heute fassungslos. Er könne sich an keinerlei gefährliche Situation erinnern. „Sicher kann es sein, dass andere Autofahrer ausweichen mussten. Aber so ist das eben, wenn man mit Blaulicht schnell zu einem Einsatzort fahren muss. Man hat ja nicht einmal Spuren im Bankett entdeckt“, erklärt Dr. Hatz.

 

Rückblick: Im April 2014 befindet sich der Notfallmediziner bei einem Verkehrsunfall in Neuburg, bei dem ein Kleinkind wiederbelebt werden musste und gerettet werden konnte. Während der Doktor das Kind in der Klinik einliefert, schluckt die zweijährige Magdalena im zehn Kilometer entfernten Karlshuld Sekundenkleber, übergibt sich und droht zu ersticken. Ihre Mutter Susanne wählt den Notruf, wenige Sekunden später wird Dr. Hatz alarmiert. Mit Blaulicht und Martinshorn macht er sich auf den Weg „Sekundenkleber kann zu einer Verlegung der Atemwege führen, was besonders bei Kindern innerhalb kurzer Zeit zum Kreislaufstillstand führen kann“, ist sich der Notarzt der potentiell lebensbedrohlichen Situation des Mädchens bewusst. Auf seiner Einsatzfahrt über die Landstraße überholt er mehrere Autos und trifft nach acht Minuten am Ort des Geschehens ein. Hier hat sich die Situation glücklicherweise schon entspannt, sodass der Doktor das Kind in alle Ruhe untersuchen und Lebensgefahr ausschließen kann.

 

Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt wirft ihm nun vor, auf gravierende Art und Weise andere Verkehrsteilnehmer gefährdet zu haben. Daher auch der Strafbefehl, der so in der Region für Helfer bislang einmalig ist. Die Landstraße selbst ist an der betroffenen Stelle weit einsehbar und gerade, zudem seien die Augenzeugenberichte widersprüchlich. „Das hat Konsequenzen für alle, die Blaulicht fahren. So mancher wird jetzt vielleicht das Gaspedal lupfen und nicht mehr so schnell zum Einsatz fahren, wenn er Angst haben muss, vor dem Richter zu landen“, kritisiert Dr. Hatz die Härte des Strafbefehls. Er will gemeinsam mit seinen Anwälten entsprechend Widerspruch einlegen und es auf einen Gerichtsprozess ankommen lassen.

 

Bis zur endgültigen Entscheidung darf der Notarzt seinen Führerschein zunächst behalten und weiter Rettungseinsätze fahren. Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt möchte sich indes trotz mehrfacher Anfragen zu dem Strafbefehl und dessen Hintergründen weder schriftlich noch vor der Kamera äußern.

 

Die NonstopNews-Bilder (Tag) und die O-Töne:

  • Notarzt fährt mit Einsatzfahrzeug vom Hof der Rettungswache
  • Blaulicht mit „Notarzt“-Aufschrift
  • Schnittbilder vom Einsatzfahrzeug
  • Notarzt steht mit Strafbefehl in der Hand in Fahrzeughalle
  • Notarzt steigt in Einsatzfahrzeug
  • Schnittbilder Rettungswache mit Schild „Menschen, die helfen“
  • Notarzt an Stelle, wo vermeintliche Gefährdung passierte
  • Rettungswagen auf der Landstraße
  • Notarzt im Gespräch mit Mutter und Kind (verschiedene Schnittbilder)
  • O-Ton Dr. Alexander Hatz, Notarzt: Hatten an dem Tag Notarzt mit Verkehrsunfall mit erfolgreicher Kinderreanimation, als wir am Krankenhaus standen und der Alarm zum weiteren Kindernotfall kam...bin die 10 Kilometer über 8 Minuten unterwegs...nicht zu schnell...hab mehrere Verkehrsteilnehmer überholen müssen, aber gab für mich kein besonderes Problem...Magdalena hatte Sekundenkleber in den Mund bekommen und die Lippen sowie Zähne zusammengeklebt...durch die Panik auch Atemnot bekommen...konnten nach der Untersuchung und dem Lösen auch wieder Entwarnung geben...bei Kindern kann die Atemwegsverlegung binnen kürzester Zeit zum Kreislaufstillstand führen...deswegen war hier höchste Eile geboten...im ersten Moment habe ich es als Witz erfunden und dachte, die Kollegen würden einen Streich spielen, bis sich die Polizei bei mir meldete und mir den Tatvorwurf vorgehalten hat...war erstaunt, vor allem, da es sich um einen Straftatvorwurf handelte...zumal ich zu der Situation gar nichts sagen konnte, weil ich gar nicht gemerkt habe, dass ich wen gefährdet habe...ich hätte gedacht, und das haben wir schon öfters, dass Verkehrsteilnehmer kommen und sagen, dass es mal knapp war...dann erklärt man denen die Situation und dann ist der Fall erledigt...aber das man wie ein Schulkind den Finger hebt, zeigt schon eine gewisse Grundeinstellung...es ist ja gar nichts passiert, es gab keine Verletzten, keine Verkehrszeichenbeschädigung, nicht einmal Spuren im Bankett...so heftig kann die Ausweichreaktion gar nicht gewesen sein...dass sie sich vielleicht erschreckt haben und für sich subjektiv meinte, dass es knapp war, kann durchaus sein...aber man muss mir schon nach 5.000 Einsätzen zugestehen, dass ich einschätzen kann, ob ich an einer Situation vorbeikommen kann oder nicht...habe noch nie einen Punkt in Flensburg gehabt und bin nirgendwo verkehrsmäßig aufgefallen...denke schon, dass ich vernünftig auftrete, wenn ich zum Einsatz fahre...wenn wir die Argumente beim Richter vortragen können, sieht vielleicht auch dieser, dass es nicht ganz so dramatisch war, wie es dargestellt worden ist...gibt ja auch Widersprüche...wir wollen auch deutlich herausarbeiten, ob es nicht eine gewisse Mitschuld gibt, denn wenn der Verkehrsweg freizumachen ist, muss ich auch davon ausgehen, mal ins Bankett ausweichen zu müssen, natürlich ohne mich zu gefährden...aber schon, dass ich mal bremsen und ausweichen muss...wenn das als Strafbestand der Nötigung schon gewertet wird, dann müssen alle Blaulichtfahrer jederzeit damit rechnen, angezeigt werden zu können...das hat einen persönlichen Nachteil für mich...abgesehen vom Führerscheinentzug musste ich dann 100 Notarzteinsätze, also ein Drittel des meines Jahresschnitts fahren, um brutto die Geldbuße wieder reinzubekommen...zudem bin ich bayernweit als Betriebsmediziner unterwegs und müsste mir dann einen Fahrer anstellen...und alle, die Blaulicht fahren, werden künftig das Gaspedal vielleicht lupfen und sich überlegen, das Fahrzeug noch zu überholen, wenn sie damit rechnen müssen, irgendwann vor dem Richter zu landen...
  • O-Ton Susanne S. (40), Mutter von Magdalena: Der Auslöser war Sekundenkleber...Magdalena hat den erwischt, drauf rumgekaut und in ihrem Mund eben verteilt...die Zähne haben sich verklebt, die Lippen, der Gaumen, die Zunge...habe gehofft, dass sie noch Luft bekommt...man bekommt dann schon einen Schreck und versucht den Kleber herauszubekommen...sie hat dann erbrochen...dann sagt man, lieber einen Notarzt zu rufen...ich bin erstaunt, weil man als Verkehrsteilnehmer kennt, dass wenn der Rettungsdienst einsatzmäßig unterwegs ist...man wundert sich, weil jeder eigentlich selbstverständlich zur Seite fährt und abbremst...ich bin sehr dankbar, dass er Magdalena untersucht hat und das bei uns alles glimpflich verlaufen ist und hoffe, dass der Prozess positiv für ihn ausfällt...

 

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