mecklenburg_vorpommern
Freitag, 16. August 2013
Rostock, Mecklenburg-Vorpommern
News-Nr.: 17444

Staatsanwaltschaft verteidigt umstrittene Durchsuchungsaktion:
Kriminalpolizei und LKA durchsuchen mehrere Feuerwehrhäuser, angeblich um mögliche Informanten der Presse aufzudecken

Polizei hatte zunächst keinen richterlichen Durchsuchungsbeschluss - Stadtwehrführer zeigt sich entsetzt über Generalverdacht und geäußerte eigentliche Zielsetzung: „Unter der Hand wurde uns erklärt, dass man versucht, die Informanten von Journalisten ausfindig zu machen“ - Bereits zuvor fragwürdige Aktionen, um Arbeitsweisen der Lokalpresse zu ermitteln: Telefondaten von Journalisten wurden ausgewertet, um ein- und abgehende Anrufe zu überprüfen – Staatsanwaltschaft erklärt, dass angeblich auf Computer vertrauliche Einsatzdaten empfangen wurden - Eine Überprüfung der sichergestellten Technik wird jedoch noch abgewartet

Bildergalerie vorhanden

Datum: Freitag, 16. August 2013

Ort: Rostock, Mecklenburg-Vorpommern

 

(gs) Die Rostocker Staatsanwaltschaft hat am Sonntag die umstrittene Durchsuchungsaktion von Feuerwehrhäusern in Rostock verteidigt.

Kripobeamte und Kollegen des LKA hatten am Freitag zeitgleich zwei Feuerwehrhäuser der Stadt durchsucht und dabei auch Computer und Funkgeräte beschlagnahmt. Hintergrund der Aktion sei laut Staatsanwaltschaft „der Anfangsverdacht des rechtswidrigen Abfangens geschützter, personenbezogener Daten aus dem Funkverkehr der Rettungsleitstelle der Hansestadt Rostock“, so Staatsanwalt Schütt in ein Erklärung am Sonntag.

Bei einer Kontrolle des Brandschutz- und Rettungsamtes sei am Donnerstag festgestellt worden, dass auf nicht zugelassener, dienstfremder Rechentechnik unbefugt live alle elektronischen Aufträge der Rettungsleitstelle dargestellt wurden. Dienstlich vorgesehen sei jedoch, dass die jeweiligen Feuerwachen nur die für ihren spezifischen Einsatz erforderlichen Daten erhalten, so die Staatsanwaltschaft weiter.

Daraufhin zeigte die Stadt Rostock ihre eigene Feuerwehr an und veranlasste die weiteren Ermittlungen.

In dessen Verlauf sei durch die Polizei bei einer ersten Sichtkontrolle festgestellt worden, dass durch bislang unbekannte Personen in den Räumlichkeiten der Freiwilligen Feuerwehrwachen über diese dienstfremde Rechentechnik unter anderem auf sensible Daten zugegriffen wurde. Dabei handelt es sich offenbar um das Abrufen von Einsatzmeldungen der Leitstelle zu Feuerwehr- und Rettungseinsätzen in der Stadt Rostock.

Diese erste Untersuchung der Räume erfolgte zunächst ohne richterlichen Beschluss. Die Feuerwachen seien im Einvernehmen mit Vertretern der Hansestadt Rostock betreten worden, so dass nach den von der Hansestadt Rostock mitgeteilten Informationen zu diesem Zeitpunkt keine Veranlassung zur Einholung einer richterlichen Anordnung bestanden habe, so die Staatsanwaltschaft. Aufgrund der sich entwickelnden Unstimmigkeiten zwischen den Vertretern der Hansestadt Rostock, der Kriminalpolizei und den Wehrführern der betroffenen Feuerwachen zur Frage des Hausrechts hat die daraufhin involvierte Staatsanwaltschaft Rostock die Fortführung der polizeilichen Maßnahmen wegen „Gefahr im Verzuge zur Vermeidung eines etwaiges Beweismittelverlustes“ angeordnet. Doch offenbar ist man sich der Rechtslage der Aktion nicht endgültig sicher. Auf Entscheidung der Staatsanwaltschaft Rostock soll die Auswertung der gesicherten, dienstfremden Rechentechnik erst nach einer richterlichen Bestätigung der Maßnahmen erfolgen, so die Staatsanwaltschaft Rostock abschließend.

Stadtwehrführer Steffen Grafe hatte sich am Freitag entsetzt über die Durchsuchung gezeigt. "Die Kameraden fühlen sich ungerechtfertigt beschuldigt, es gibt einen Generalverdacht, den wir nicht hinnehmen werden." Hinzu kommt, dass die mutmaßlich Einsatzdatendarstellung offenbar nicht der Hauptgrund der Aktion war. Zielsetzung sei dabei offenbar, herauszufinden, woher lokale Reporter ihre Informationen über aktuelle Ereignisse haben. „Unter der Hand wurde uns erklärt, dass man versucht, die Informanten von Journalisten ausfindig zu machen“, so Stadtwehrführer Steffen Grafe nach Abschluss der Maßnahmen im Interview. Schon vorher hatte die Polizei durch fragwürdige Ermittlungsmethoden versucht, die Arbeit der Presse zu durchleuchten, die den Beamten in Rostock immer wieder ein Dorn im Auge war. Im Zuge eines inzwischen eingestellten Ermittlungsverfahren gegen einen Reporter waren sogar dessen Telefondaten ausgewertet worden, um herauszufinden, was für Gespräche dort ein- und ausgehen. Ein klares Unterwandern des Informantenschutzes von Journalisten, so der Anwalt des Reporters. Da diese Ermittlungen zu keinem Erfolg gebracht werden konnten, versucht man nun offenbar auf der Seite von potenziellen Informationsquellen vorzugehen.

Grafe hatte während der Aktion Journalisten den Zugang zum Feuerwehrhaus gewährt, um einen Einblick in die in seinen Augen willkürliche Aktion zu ermöglichen. Die Kripo wollte dies verhindern, Grafe blieb jedoch hart und berief sich auf das Hausrecht, welches er aufgrund der Nichtanwesendheit einer diensthöheren Person der Stadt inne habe. Telefonisch versuchten die Ermittler dann Streifenwagen zu organisieren, um Reporter aus dem Haus zu holen. Dabei fielen auch fragwürdige Äußerungen, z.B. dass der Stadtwehrführer "den großen Max markiere" (on tape).

Von mehreren Fotoreportern wurden schließlich Personalien genommen, weil sie auf dem Hof der Feuerwehr den Einsatz dokumentierten. Auch die lokale Presse zeigte sich bestürzt über die Vorgänge: Für Alexander Stuth, Chefreporter des Radiosenders "Ostseewelle" ist die Vorgehensweise der Polizei völlig inakzeptabel: „Es geht darum, Journalisten das Handwerk zu legen, im Land wird versucht, Themen unter den Tisch zu kehren“, so Stuth. Für Anwalt Michael Martius geht es nicht alleine um die Arbeit der Reporter: "Es werden hier offenbar rechtsstaatliche Grundsätze ausgehebelt".

 

Die NonstopNews-Bilder und die O-Töne:

 

  • Bilder in Räumen der Feuerwache, Kripoermittler will Kameramann rauswerfen

  • Stadtwehrführer diskutiert mit Kripobeamten über Hausrecht

  • Beamter telefoniert, um Reporter verweisen zu können

  • viele situative Töne, z.B. "der Stadtwehrführer markiert hier den großen Max"

  • vor der Feuerwache: weitere Ermittler treffen ein

  • Stadtwehrführer notiert sich deren Namen, einer kann sich nicht ausweisen

  • Beamte marschieren in Gebäude ein, werden gestoppt

  • Stadtwehrführer weist auf fehlenden Beschluss hin

  • Beamte telefonieren aufgeregt, führen Gespräche

  • Zivilbeamter reicht Handy an Grafe, um Beschluss telefonisch zu erwirken

  • Steffen Grafe, situativ am telefonieren : "mich wundert es, dass sie keinen Beschluss haben, ihnen ist es ja nicht erst heute morgen eingefallen, da hätte man den doch besorgen können..."

  • Radiobeitrag läuft im Feuerwehrhaus auf laut über Durchsuchung

  • Stadtwehrführer und weitere Führungskraft vor Ort diskutieren mit Kripo, warten auf Klärung

  • Personalien von diversen Journalisten werden vor Ort notiert

  • Kripobeamter teilt mündlich erfolgten richterlichen Beschluss mit wegen "Gefahr im Verzug"

  • Beamte gehen in Feuerwehrhaus, Kamera begleitet reportagig und nah

  • Kripo vernimmt Personen in Raum, Bilder der Durchsuchungen

  • Computer wird abgekoppelt und mitgenommen

  • Antextbilder mit Stadtwehrführer Steffen Grafe an Feuerwehrfahrzeug

  • O-Ton Steffen Grafe, Stadtwehrführer der Freiwilligen Feuerwehren in Rostock: "... bekam Anruf von Kameraden, dass Kripo und LKA in den Gerätehäusern aufgetaucht sind... es stellte sich heraus, dass offenbar kein richterlicher Beschluss dafür ergangen war... / ... Gegenstände wie PCs wurden beschlagnahmt... / ... es geht wohl um Datenauspähung... es sollen Leitstellendaten gehackt worden sein... unter der Hand wurde uns erklärt, dass man versucht, die Informanten von Journalisten ausfindig zu machen... wir geben nur offizielle Infos an die Presse raus... die Kripo hat sich Zutritt zum Gebäude verschafft, auf Nachfrage konnte uns weder ein Durchsuchungsbeschluss noch eine staatsanwaltschaftliche Anordnung vorgelegt werden, woraufhin wir der Durchsuchung widersprochen haben... die Kameraden fühlen sich ungerechtfertigt beschuldigt, es gibt einen Generalverdacht, den wir nicht hinnehmen werden... wir sind sehr betroffen... wir werden das rechtlich prüfen klassen, ob das rechtens war, nach erster Einschätzung ist dies nur nach richterlicher Anordnung zulässig, diese lag nicht vor... /... es ist ein Schlag ins Gesicht für alle Kameraden... das trägt nicht zur Motivation der Kameraden bei..."

  • O-Ton Alexander Stuth, Chefreporter Hitradio Ostseewelle: „... habe von Informanten von der Aktion erfahren... ich konnte mir es erst nicht vorstellen, dass es sowas gibt, bin darüber geschockt, wie die Polizei hier vorgeht... wir sind auf Informanten hingewiesen, da es sonst keine Infos der Behörden gibt... die Bevölkerung will aber auch informiert werden... da wir keine Leitstelleninfos bekommen, sind wir auf Informanten angewiesen... in welcher Form die kommen, ist unsere Sache, da baut man sich Kontakte auf... Feuerwehrkräfte werden hier wie Schwerverbrecher behandelt... wenn sich nicht was ändert, wird Feuerwehrarbeit in der Presse nicht mehr geben... ich bekomme selber viele Informationen von Informanten, der Fall Lea-Sophie sollte vertuscht werden, er ist durch Informanten ans Tageslicht gekommen... im Land wird versucht Themen unter den Tisch zu kehren.... wir reden hier über Infos zu Bränden oder einen Unfall... hier muss man die Kirche im Dorf lassen... es geht darum, Journalisten das Handwerk zu legen... es geht darum die Verbindung zwischen Feuerwehr und Presse zu unterbinden... wir sind gut genug, um die Fahndung für die Polizei zu unterstützen... aber mehr nicht... wenn man hört, dass Journalisten überwacht werden und gegen sie ermittelt wird, fällt es schwer nicht Vergleiche zu alten Zeiten aufzubauen... es geht nur zusammen und nicht gegeneinander“

  • O-Ton Michael Martius, Anwalt eines betroffenen Reporters: zu den Vorgängen (wird Montagvormittag nachgereicht, inkl. Antextbildern)

  • NEU: O-Ton Staatsanwaltschaft Rostock kann auf Anfrage am Montag angefragt werden

  • Schnittbilder

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