Erinnerungen an Brandkatastrophe vor 75 Jahren:
Bauerndorf Öschelbronn wurde durch Großfeuer weitgehend verwüstet, weil Schlauchverbindungen der verschiedenen Landesfeuerwehren nicht zusammenpassten
Damaliger Misstand brachte heute bundesweite Normung in der Feuerwehrausstattung - Umfangreiche NonstopNews O-Töne mit Zeitzeugen -Verzweifelte Bewohner löschten Dächer mit Milchkannen – Polizei erschoss Katze mit brennendem Schwanz
Datum: Freitag, 12. September 2008
Ort: Niefern-Öschelbronn (Enzkreis), Baden-Württemberg
(gs/jtm) Es sind Erinnerungen, die für ein Leben bleiben: Vor 75 Jahren ist das Bauerndorf Öschelbronn (bei Pforzheim) in Schutt und Asche versunken – ausgelöst durch einen einfachen Scheunenbrand. Ein großes Problem damals: Die Schlauchverbindungen der Feuerwehren aus Baden passten nicht zu denen den benachbarten aus Württemberg. Somit war es nicht möglich, dringend benötigtes Löschwasser zu fördern. Die Katastrophe damals war Auslöser einer bundesweiten Vereinheitlichung der Schlauchverbindungen heute.
357 von 1421 Einwohnern verloren vor fast auf den Tag genau 75 Jahren ihr zu Hause. Wohnhäuser, Scheunen und Ställe wurden ein Raub der Flammen. Wie durch ein Wunder kam niemand ums Leben. Heute gibt es nur noch wenige Zeitzeugen, die aus erster Hand von diesem dramatischen Tag berichten können. Für NonstopNews haben sie die eingeprägten Erlebnisse geschildert, die mit Fotos dokumentiert werden können.
Die Ortswehren führten damals einen verzweifelten Kampf gegen das Feuer. Weil das Wasser knapp war, wurde schließlich sogar mit Gülle und Milch gelöscht – vergeblich. Zusätzliche Hilfe kam aus allen Nachbarorten. Aber die Feuerwehrleute aus Baden und Württemberg mussten erkennen, dass ihre Schlauchkupplungen nicht kompatibel waren. Deshalb konnten keine langen Wasserförderstrecken aufgebaut werden. Das wurde daraufhin geändert: Seither gibt es eben in ganz Deutschland einheitliche Feuerwehrschläuche.
Die Ursache für das Feuer in der Scheune ist bis heute ungeklärt. Der verheerende Brand erregte damals riesiges Aufsehen, für die Opfer wurden in ganz Deutschland Spenden gesammelt.
Die NonstopNews-Bilder und O-Töne:
- Außenaufnahmen der Gemeinde Öschelbronn (Enzkreis)
- Bürgerhaus Niefern (hier findet derzeit eine Fotoausstellung über das Großfeuer statt)
- Zeitzeuge Friedrich Leicht in der Ausstellung im Gespräch mit Mitgliedern des örtlichen Kulturkreises
- Fotos der Brandkatastrohe (zahlreiche dramatische Motive!)
- Freiwillige Feuerwehr Niefern-Öschelbronn heute : Kommandant Michael Szobries im Gespräch mit ehemaligem Kommandanten Dieter Wolf
- Feuerwehr zeigt nicht passende badische und württembergische Feuerwehr-Schlauchkupplungen von damals
- Zeitzeugin Lydia Sadler mit Nichte Anne Wolf im Gespräch in Altenpflegeeinrichtung Johanneshaus Öschelbronn
O-Ton Friedrich Leicht, Zeitzeuge (84 Jahre; 9 Jahre alt beim Brand): „Der 10 September 1933 war ein Sonntag. Das Wetter war so schön wie heute, blauer Himmel, ohne Wolken, von Osten ein frischer Wind. Da begleitete ich meinen Großvater beim Spaziergang von Niefern nach Öschelbronn.“ „So um 11 Uhr fingen auf einmal die Kirchenglocken an zu läuten und die Leute fragten alle: ,, was ist den los? Ist ein besonderer Feiertag? Den der Gottesdienst ist doch schon vorbei.\'\' Und dann hörte man Rufe: ,, Feuer! Feuer! Es brennt!.\'\' „Da brannten schon drei oder vier Häuser. Schwarze Rauchwolken stiegen in den Himmel. Feuer, Flammen schlugen hoch. Es war schrecklich anzusehen. Die Leute rannten hin und her, Geschrei. Schläuche wurden ausgerollt von Feuerwehrleuten aber es kam kein Wasser. Aus einem Haus trugen die Leute Hausrat heraus, ins Nachbarhaus, aber da fing das auch schon an zu brennen. Also mir wurde unheimlich, als neunjähriger Bub.“ „Zum Beispiel haben SA Leute und andere Leute aus dem Dorf fast mit bloßen Händen ein Haus an der Steige von oben bis unten abgerissen solange es noch nicht brannte, um die Feuerwalze zu stoppen. Um eine Schneise da zu schlagen. Mein Vater hat z.B. auch beobachtet wie aus einer Scheune eine Katze heraus lief mit brennendem Schwanz. Da war natürlich die Gefahr dass sie in eine andere Scheune rein läuft und dort das Feuer entzündet. Ein Polizist hat diese Katze erschossen.“ „In Öschelbronn spielte dann Hitler den besorgten Landesvater, lies sich alles erzählen und versprach Hilfe, umringt von seinen schwarzen SS Leuten. Und dann wurde das Dorf eben aufgebaut als ein nationalsozialistisches Musterdorf im fränkisch-alemannischen Still. Die Nazis benutzten die Gelegenheit um zu zeigen, wozu sie im Stande sind. Und kein Mensch hat damals daran gedacht, dass das Trümmerdorf Öschelbronn und die fliehenden Öschelbronner die Ausgebrannten die mit ihren Wägelchen über den Berg zogen, dass das ein kleiner Vorgeschmack von dem war, was dann 12 Jahre später kommen sollte. Und da hat ja Hitler nie eine ausgebombte Stadt besucht.“
O-Ton Lydia Sadler, Zeitzeugin (89, 14 Jahre alt beim Brand): „Also es war ein wunderschöner Sonntag. Sonnig und warm, heiß und es ist auch ein starker Ostwind gegangen. Und der hat das Feuer dann also vom Osten aufs Mitte Dorf und Ende vom Dorf getragen. Also da hat es in ein paar Flanken auf einmal gebrannt. Und die Feuerwehren, Württemberg und Baden, da haben die Schläuche nicht zusammengepasst. Das ist erst dann nach dem Brand, nach dem was in Öschelbronn geschehen ist, haben die eine einheitliche Verbindung gehabt für ihre Schläuche.“ „Und dann hat es gebrannt, im Osten im Dorf und hat dann übergegriffen, zwei Straßen übersprungen und dort hat es weitergemacht, auch den Dächern hat das Moos gebrannt, da haben sie mit den Milchkannen auf den Dächern das Moos gelöscht. Es war schon schlimm.“ „Es sind ja so viele Schaulustige gekommen, es war Sonntag. Wir wissen nicht wie die Leute alle her gekommen sind, sie haben absperren müssen, abends haben sie absperren müssen. Ja und unsere Sachen was wir gerettet hat, jeder hat versucht zu retten was er kann in seinem Haus. Man hat ja nicht gewusst, es ist so schnell gegangen, dort hat es gebrannt und dann hat es wieder übergegriffen und dann ist es dort wieder gekommen. Dann hat jeder versucht seine Habseligkeiten raus aus dem Dorf auf die Wiesen.“ „Da ist man nicht untätig gewesen, da sind Schränke abgebaut geworden, meine Mama hat gesagt: ,,Schau nach deinem Puppenwagen und deinem Geschirr von der Puppenstube.\'\' Das war dort auch wichtig. Den Puppenwagen haben sie nie auf den geladenen Wagen gesetzt, ich bin oben drauf gesessen mit meinem Puppenwagen, und der ist bis Weihnachten, ist der im Tal bei einer Familie gewesen. Wo es Weihnachten geworden ist, im September hat es ja gebrannt, ist die Frau gekommen und hat gesagt: ,,Frau Stöhrer, ihrem Mädchen ihr Puppenwagen ist noch bei uns, wissen sie das?\'\' Dann hat sie gesagt: ,,wir haben nicht mehr gewusst wo er ist.\'\' „Das sind so Sachen wo man sich, und die stecken da drin, diese Bilder vergisst man nicht. Und dann der Aufbau wieder. Und dann ist der Hitler gekommen. Am 13. September ist der Hitler gekommen mit dem Gauleiter von Karlsruhe und unser Bürgermeister sind da durch das Dorf gelaufen und haben das Ort besichtigt wie es da aussieht.“
O-Ton Michael Szobries, heutiger Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Niefern-Öschelbronn: „Die wesentliche Bedeutung war natürlich die technische Vereinheitlichung der Kupplungen der Schläuche in ganz Deutschland, und dass man gemerkt hat, dass man standardisieren muss auch in anderen Bereichen, um bei nachbarschaftlicher Hilfe, wenn mehrere Einheiten zusammen kommen, einfach die gleiche Ausrüstung, ergänzende Ausrüstung und auch die gleiche Ausbildung zu haben. Das war ein wichtiger Meilenstein für die Normung eigentlich.“
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